Pressemitteilung
Neue Methode zur Belüftung von Altdeponien kann nationale
Klimabilanz um Millionen Tonnen CO2-Äquivalente entlasten –
Mülldeponien weltweit drittwichtigster Methan emittierender
Klimakiller – Trotz kostengünstiger Klimaschutzmaßnahme fehlt für die
meist kommunalen Deponiebetreiber bisher der finanzielle Anreiz
-CO2-Zertifikatehandel oder „Energie- und Klimafonds“ als mögliche
Lösung des Dilemmas
Kommunale und private Betreiber von Abfalldeponien können einen
massiven Beitrag zum Klimaschutz leisten, wenn von der Politik
entsprechende Anreize geschaffen werden. Darauf hat die Deutsche
Umwelthilfe e. V. (DUH) in Berlin hingewiesen und gleichzeitig eine
bereits erprobte Methode vorgestellt, die dieses Klimaschutzpotenzial
vergleichsweise kostengünstig heben kann.
„Nach dem Verbot der Ablagerung organischer Abfälle im Juni 2005
ist die von Abfalldeponien ausgehende Klimabelastung zu Unrecht
weitgehend aus dem Focus der Öffentlichkeit verschwunden“, erklärt
der Leiter Politik und Presse der DUH, Gerd Rosenkranz. Denn auch
nach der Schließung der Deponien und der zeitlich befristeten Pflicht
zur energetischen Nutzung der Deponiegase gehen die chemischen
Umsetzungsprozesse noch Jahrzehnte weiter und produzieren über den
gesamten Zeitraum große Mengen des hoch klimawirksamen Gases Methan
(CH4). Derzeit gelangen aus etwa 400 bis 600 deutschen Altdeponien
CH4-Frachten in die Atmosphäre, die einer jährlichen CO2-Belastung
von etwa acht Millionen Tonnen entsprechen. „Wir können es uns nicht
länger leisten, große Klimaschutzpotenziale liegen zu lassen. Schon
gar nicht, wenn die Lösung technisch erprobt, vergleichsweise einfach
und bezahlbar ist“, sagt Rosenkranz.
Weltweit stehen Abfalldeponien nach Rinderzucht und Reisanbau an
dritter Stelle unter den Methan emittierenden Klimasündern,
erläuterte der Hamburger Professor Rainer Stegmann, dessen
Ingenieurbüro für Abfallwirtschaft, IFAS, eine neue Methode zur
Deponiebelüftung entwickelt hat, die die Stoffumsetzung in
Abfalldeponien auf wenige Jahre verkürzt und insbesondere die
klimaschädliche Methangasentwicklung entscheidend reduziert. Nebenbei
wird so auch die Gefährdung des Grundwassers durch Altdeponien
erheblich entschärft. Bei der bereits in einigen Deponien erfolgreich
getesteten Methode der Deponiebelüftung (im Fachjargon: aerobe in
situ Stabilisierung) wird über Rohrsysteme beständig Luft in den
Deponiekörper geblasen. Diese Beatmung der Deponie führt dazu, dass
sich die chemische Umwandlung der organischen Abfälle verändert und
beschleunigt: weg vom Methan hin zum 21 mal weniger klimaschädlichen
Kohlendioxid. „Die Methode hat ihre Praxistauglichkeit bewiesen.
Jetzt kommt es darauf an, dass die Deponiebelüftung an möglichst
vielen – am besten an allen – Deponiestandorten auch wirklich
eingesetzt wird“, erklärt Stegmann.
Dass dies nicht längst geschehen ist, liegt daran, dass das
Verfahren den Deponiebetreibern zunächst zusätzliche Investitions-
und Betriebskosten abverlangt und sie gleichzeitig nicht von
Rechtswegen gezwungen sind, die Methode einzusetzen. Im Rahmen eines
aus Mitteln der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU)
teilfinanzierten Projekts soll nun versucht werden, das Dilemma –
eine im Prinzip kostengünstige Klimaschutzmaßnahme steht bereit, wird
aber ohne finanziellen Anreiz nicht realisiert – zu überwinden. „Eine
denkbare Lösung wäre die Einbindung der Deponiebelüftung in den
europäischen und weltweiten Emissionshandel“, erläutert der
Geschäftsführer des Hamburger Projektentwicklers GFA ENVEST, Joachim
Schnurr. Wenn Deponiebetreibern, die sich zur Anwendung der Methode
entschlössen, die eingesparten CO2-Äquivalente gut geschrieben
würden, wäre dies eine mögliche Lösung des Finanzierungsproblems.
Profitieren könnten vor allem auch Kommunen als öffentliche
Deponiebetreiber. Schnurr erläuterte, dass das allerdings nur mit
Unterstützung der Politik, namentlich der Bundesregierung, möglich
sei und zuvor die Rahmenbedingungen mit zahlreichen Details geklärt
werden müssten. Klar sei auch, dass „die Hängepartie bei den
Weltklimaverhandlungen und die bisher vergebliche Suche nach einer
Nachfolgeregelung für das Kyoto-Protokoll eine Verständigung
erheblich erschwert. Dies umso mehr, weil eine solche Regelung weit
in die Zukunft weisen würde.“
Deshalb halten IFAS, GFA ENVEST und DUH auch Ausschau nach
alternativen Finanzierungsmöglichkeiten für die Methode der
Deponiebelüftung. Denkbar wäre beispielsweise die Schaffung eines
„Nationalen Programms Abfalldeponien und Klimaschutz“ und
Finanzierung aus dem „Energie- und Klimafonds“ der Bundesregierung.
In beiden Fällen könnten insbesondere kommunale Deponiebetreiber
profitieren.
„Zwei Gründe sollten die Bundesregierung veranlassen, schnell nach
einer Lösung zu suchen: National drängt die Zeit, weil jede Tonne
Methan, die jetzt noch aus den Altdeponien in die Atmosphäre gelangt,
über Jahrzehnte wirksam bleibt. Und international, weil eine in
Deutschland etablierte Methode zur Deponiebelüftung die Möglichkeit
eröffnet, im Weltmaßstab gegen einen der wichtigsten Klimakiller
vorzugehen“, sagt Gerd Rosenkranz von der Deutschen Umwelthilfe.
Weitere Informationen finden Sie hier:
http://www.duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=2709
Pressekontakt:
Prof. Dr.-Ing. Rainer Stegmann, Ingenieurbüro für Abfallwirtschaft,
IFAS, Schellerdamm 19-21, 21079 Hamburg; Tel.: 040 77110741; Mobil:
0172 4372935; stegmann@ifas-hamburg.de
Joachim Schnurr, GFA ENVEST GmbH, Geschäftsführer, Eulenkrugstraße
82, 22359 Hamburg; Tel.: 040 60306800; Fax: 040 60306899;
Joachim.Schnurr@gfa-envest.com
Dr. Gerd Rosenkranz, Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH), Leiter Politik
& Presse, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin; Tel.: 030 2400867-0,
Mobil: 0171 5660577, E-Mail: rosenkranz@duh.de