Deutsche Umwelthilfe ergreift juristische Schritte gegen ALDI und REWE

Pressemitteilung

Deutsche Umwelthilfe mahnt Aldi Nord, Aldi Süd und Rewe wegen
Verbrauchertäuschung ab – Angeblich zu „100 % kompostierbare“
Tragetaschen von ALDI und REWE sind im Vergleich zu herkömmlichen
Plastiktüten weder umweltfreundlich noch biologisch abbaubar –
Verbraucherschutzministerin Aigner schweigt

Die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) hat die Handelsketten ALDI
Nord, ALDI Süd und REWE wegen Verbrauchertäuschung mit vermeintlich
biologisch abbaubaren Einkaufstüten abgemahnt. Alle drei Unternehmen
bewerben ihre Einweg-Einkaufstüten aus Bioplastik unter anderem als
„100% kompostierbar“ und als „so weit wie möglich“ aus erneuerbaren
beziehungsweise nachwachsenden Rohstoffen hergestellt. Tatsächlich
können die zum Teil aus gentechnologisch modifiziertem Mais
hergestellten Tüten in Deutschland jedoch weder kompostiert werden
noch weisen sie gegenüber herkömmlichen Plastiktüten
gesamtökologische Vorteile auf.

Die Umweltschutzorganisation hatte die Verbrauchertäuschung am
Mittwoch (11.4.2012) in einer Pressekonferenz kritisiert. Eine
Stellungnahme seitens ALDI Nord und ALDI Süd blieb bislang aus. Das
Schweigen der Handelskette wertet die DUH als Weigerung, den Verkauf
und die irreführende Werbung der vermeintlich „grünen“ Plastiktaschen
einzustellen. REWE hatte gestern (12.4.2012) in einer
Pressemitteilung erklärt, den Verkauf der als vollständig
kompostierbar beworbenen Plastiktüten vorübergehend auszusetzen und
angekündigt, die tatsächliche Kompostierungspraxis in Deutschland
überprüfen zu wollen. Gleichzeitig erhebt das Unternehmen erneut
falsche Behauptungen gegen die DUH.

„Seit Jahren setzen ALDI und REWE in großem Umfang so genannte
Bioplastiktüten ein und bewerben diese als umweltfreundlich und
vollständig kompostierbar – wohlwissend, dass die Wegwerftüten weder
auf dem Eigenkompost, noch in den deutschen Kompostierungsanlagen
kompostiert werden“, erklärt DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.
„Auf diese Weise täuschen diese Unternehmen Millionen Verbraucher und
bringen sie dazu, ihren Biomüll in diesen Tüten zu entsorgen.“ Aus
Sicht der DUH räumt REWE mit dem Verkaufsstopp der vermeintlich
biologisch abbaubaren Tragetaschen die Verbrauchertäuschung ein. Zu
einer Zusage, die Irreführung auch in Zukunft zu unterlassen, war das
Unternehmen jedoch nicht bereit. Darüber hinaus behauptet REWE, dass
ein „insgesamt 18 Punkte umfassender Fragenkatalog der DUH“ eingehend
beantwortet wurde und bezeichnet die Umweltschutzorganisation als
nicht dialogbereit.

Tatsächlich antwortete die Handelskette nur auf eine der 18
gestellten Fragen und verwies in allen weiteren Punkten auf den
Kunststoffhersteller BASF. Dieser wiederum hatte sich unter Hinweis
auf Betriebsgeheimnisse geweigert, Aussagen zur detaillierten
Zusammensetzung der Tragetaschen und zur Zusammensetzung des
verwendeten Kunststoffs Ecovio zu machen. Bezüglich des Einsatzes
gentechnisch veränderter Rohstoffe stellte sich BASF unwissend. Die
Beantwortung der für die toxikologische Beurteilung wichtigen Frage
nach den konkret eingesetzten Zusatzstoffen wie beispielsweise
Farben, Stabilisatoren, Gleitmittel und Antistatika wurde ebenfalls
verweigert. Auch war BASF nicht zu einer Herausgabe der eigenen
Ökoeffizienzanalyse für den verwendeten Kunststoff Ecovio unter
Hinweis auf Wettbewerbsrelevanz bereit. Darüber hinaus blieb die
Frage nach real existierenden Kompostierungsanlagen, in denen die
angeblich biologisch abbaubaren Tragetaschen von Aldi und Rewe im
Regelbetrieb kompostiert werden, unbeantwortet.

Aldi und Rewe berufen sich hinsichtlich der Kompostierbarkeit
ihrer vermeintlich biologisch abbaubaren Plastiktüten auf die DIN EN
Norm 13432. Danach gilt ein Kunststoff als biologisch abbaubar, wenn
er unter besonderen Bedingungen (z.B. hinsichtlich Temperaturen und
Feuchtigkeit) innerhalb von zwölf Wochen zu 90 Prozent abgebaut wird.
Laut einer Umfrage der DUH unter über 400 Kompostierungsanlagen, von
denen 80 ausführlich geantwortet haben, werden Bioabfälle in
Deutschland in der Regel zwischen einer bis acht Wochen kompostiert.
In dieser Zeit werden auch die nach der Norm als biologisch
abbaubaren definierten Kunststoffe nicht abgebaut, weshalb sie in den
Kompostierungsanlagen mit hohem Aufwand als Störstoffe aussortiert
werden müssen.

„Theorie und Praxis weichen hier stark voneinander ab“, erklärt
Maria Elander, Leiterin Kreislaufwirtschaft bei der DUH. „Die in der
Norm vorausgesetzten speziellen Bedingungen, die für den Abbau
notwendig sind, haben offensichtlich nichts mit dem tatsächlichen
Standard in den vorhandenen Anlagen zu tun. Wenn die Plastiktüte
weder auf dem Eigenkompost noch in industriellen Anlagen kompostiert
wird, dann kann man nicht behaupten, dass sie kompostierbar ist.“
Alle drei abgemahnten Handelsketten behaupten auf den Tragetaschen,
dass sie so weit wie möglich aus erneuerbaren und nachwachsenden
Rohstoffen hergestellt werden. Tatsächlich sind jedoch nur 30 Prozent
biobasiert – der Rest stammt aus Erdöl. Das ist deutlich weniger als
die laut Angaben von European Bioplastics möglichen 50 Prozent
Anteile an biobasierten Rohstoffen.

Die DUH forderte Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner
(CSU) dazu auf, gegen die Verbrauchertäuschung vorzugehen.

Die Pressemitteilung der DUH vom 11.4.2012 sowie ein
Hintergrundpapier zu biologisch abbaubaren Plastiktüten finden Sie im
Internet unter
http://www.duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=2818

Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Mobil: 0171 3649170, E-Mail:
resch@duh.de

Maria Elander, Leiterin Kreislaufwirtschaft, Deutsche Umwelthilfe
e.V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-41, Mobil:
0160 5337376, E-Mail: elander@duh.de

Daniel Eckold, Pressesprecher, Deutsche Umwelthilfe e.V., Hackescher
Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-22, Mobil: 0151 / 55017009,
E-Mail: eckold@duh.de