Nach jahrelangem Kampf gegen den Moschee-Bau der
Türkisch-Islamischen Union Ditib im Kölner Stadtteil Ehrenfeld
schlägt der Publizist Ralph Giordano überraschend milde Töne an. Er
könne sich eine Teilnahme an der für dieses Jahr geplanten Eröffnung
vorstellen, sagte Giordano dem „Kölner Stadt-Anzeiger“
(Samstag-Ausgabe). Auch sei er bereit, an der Lösung offener Fragen
mitzuwirken. „Mein Problem ist ja nicht die Architektur“, betonte
Giordano, der am 20. März 90 Jahre alt wird. Er relativierte damit
frühere Angriffe auf die „Gigantomanie“ und die „obszöne“ Größe der
Moschee nach dem Entwurf des Kölner Architekten Paul Böhm. „Ich halte
den Bau an dieser Stelle immer noch für deplatziert und
überdimensioniert. Aber ich könnte mir schlimmere Bauten vorstellen“,
so Giordano. Entscheidend blieben für ihn die Fragen: „Was geschieht
eigentlich da drin in der Moschee und wer steckt dahinter? Wer hat
das alles bezahlt? Was ist überhaupt mit den muslimischen Verbänden
und ihren Funktionären?“ Diesen misstraue er auf das Tiefste. Die
Stellung der Frau im Islam markiere für ihn das zentrale Problem. „Es
kann keine Integration geben, ohne dass sich hier fundamental etwas
verändert. Wir fallen den Musliminnen in den Rücken, wenn wir da
klein bei geben“, so Giordano. Er räumte ein, er habe sich in der
mehrjährigen Auseinandersetzung mit dem Islam seit 2007 allzu leicht
davon tragen lassen. „Ich will nicht, dass mein Lebenswerk reduziert
wird auf diesen einen Konflikt. Das wäre eine biografische
Verzerrung.“ Der stets leidenschaftliche Kämpfer gegen
Antisemitismus, Neonazismus und Fremdenfeindlichkeit zeigte sich
selbstkritisch und sagte, er wolle niemanden mehr verletzen. „Ich bin
bereiter, darauf zu hören, was andere bewegt und umtreibt, die nicht
meiner Meinung sind.“ Beim Thema Nationalsozialismus sei er zwar
„immer noch sehr empfindlich“, schränkte Giordano ein. „Aber sonst –
ehrlich gesagt, ich habe die Polemiken satt. Übersatt. Ich bin ihrer
überdrüssig. Und: Die Tränen, die Tränen kommen früher.“
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