Märkische Oderzeitung: Die Märkische Oderzeitung Frankfurt (Oder) kommentiert den SPD-Parteitag (Mittwochausgabe)

Avantgardepartei der linken Mitte

Der Berliner Parteitag hat gezeigt, dass die
Immer-noch-Volkspartei gelernt hat. Nach monatelangem Streit über
Spitzensteuersatz, Reichen- und Abgeltungssteuer haben die Genossen
einen Kompromiss gefunden, der hundertprozentige Parteitagszustimmung
fand. Teile der Agenda 2010 wurden kritisiert und angekratzt – aber
es soll bei der Rente mit 67 bleiben. Die Delegierten stimmten für
eine Bürgerversicherung – bei Beibehaltung der Privatkrankenkassen.

Der Parteitag zeigte so viel Konsensbereitschaft, dass man den
Eindruck haben konnte, die Genossen sicherten sich für den Fall einer
baldigen Regierungsübernahme ab. Nur nicht zu viel versprechen,
lautet die offizielle neue Devise. Von einem Linksruck kann keine
Rede sein. Ein Spitzensteuersatz von 49 Prozent auf Einzeleinkommen
ab 100 000 Euro hat nichts Revolutionäres an sich. Parteichef Gabriel
spricht von einem „sozialen Patriotismus“, um den er die
Bestverdienenden „bitten“ wolle. Ob man der SPD aber zutraut, dass
sie die wachsende soziale Kluft im Land verkleinern kann, wird sich
noch zeigen. Immerhin ist sie für diese Kluft mitverantwortlich. +++

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