„Profitgier“ als Ursache des jüngsten
Lebensmittelskandals auszumachen, ist so allgemein richtig wie ohne
weiteren Erkenntnisgewinn. Profit, also Gewinn, will und braucht
selbstverständlich jeder in der Lebensmittelwirtschaft (und nicht nur
da), wenn er davon leben will – übrigens auch der Biobauer. Dass die
Gewinnerzielungsabsicht zur „leichtfertigen“ Verwendung von
dioxinbelasteten industriellen Fetten bei der Nutztiernahrung führt,
ist wohl eher nicht systembedingt, sondern eine Frage von
herstellerischer Sorgfalt und kaufmännischer Moral auf der einen
sowie mangelnder Aufsicht auf der anderen Seite. Hier ist der Skandal
zu suchen, wenn es ihn gibt. In der gleich wieder losgebrochenen
Grundsatzdiskussion um die industrialisierte Lebensmittelproduktion
macht sich allerdings nur lächerlich, wer sich auf wohlfeile Formeln
wie etwa „Farmen statt Fabriken“ kapriziert. Das vermeintliche Idyll
naturbelassener Herstellung war für die meisten Beteiligten
einschließlich der Produzenten und Verbraucher nie wirklich eines und
ist es selbst in reinen Agrargesellschaften nicht. Unter den
Bedingungen der Massengesellschaft samt ihrer Ansprüche an
Versorgungssicherheit und Kostensensibilität ist diese Vorstellung
schlichtweg eine Utopie. Auch deswegen, weil der moderne Mensch auch
noch andere Bedürfnisse als die Nahrundsversorgung befriedigt sehen
will. Darüber kann man lange lamentieren. Man kann aber auch darüber
nachdenken, wie man eine technisierte Landwirtschaft und eine hoch
entwickelte Lebensmittelproduktion noch besser so steuert und
beaufsichtigt, dass maximale Verbrauchersicherheit gewährleistet ist.
Das wäre dann eine Reaktion, die vielleicht nicht weitere
Lebensmittelskandale verhindert – aber sie immerhin womöglich noch
weniger wahrscheinlich machte, als sie es in unserem für
selbstverständlich gehaltenen Standard ohnehin schon sind.
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Mindener Tageblatt
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