Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zur steigenden Gewalt gegen Polizeibeamte

Mangel an Respekt

Aus gutem Grund gilt bei uns das Gewaltmonopol des Staates. Dieses
setzt das Vertrauen der Bürger in einen funktionierenden,
demokratischen Rechtsstaat voraus. Sollte dieser Staat nicht
funktionieren, gibt es ein von der Verfassung garantiertes Recht auf
Widerstand. Die oft betrunkenen oder von Drogen benebelten, meist
jungen Männer aus Bayern haben aber gewiss nicht den Artikel 20 des
Grundgesetzes im Kopf, wenn sie Polizisten bespucken, beleidigen,
bedrohen oder schlagen. Gott sei Dank standen sie in diesem
Augenblick niemandem gegenüber, der ähnlich enthemmt war wie sie,
sondern einem (zumindest in den meisten Fällen) besonnenen
Polizeibeamten. Auch wenn in Aufsehen erregenden Einzelfällen
bayerische Polizisten die Nerven verloren und so das Vertrauen in die
Polizei erschüttert haben mögen, reicht das als Erklärung für die
Gewalt keineswegs.Der Respekt vor einem Polizisten ist Ausdruck des
Respekts vor dem Rechtsstaat. Wenn die Gewalt gegen Polizisten
zunimmt, hat das Bedeutung für unsere Gesellschaft, die über den
körperlichen und psychischen Schaden bei einem Polizeibeamten
hinausgeht. Sie zeigt ein alarmierendes Misstrauen gegenüber dem
demokratischen Staat bei einem Teil der Bürger – nicht nur bei dem,
der bespuckt und zuschlägt. Sondern vielleicht auch bei dem, der den
Täter großgezogen hat.

von Reinhold Willfurth, MZ

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