Europa, ja bitte!
Ja, es war eine Ruck-Rede, die der Bundespräsident gestern hielt.
Ja, es war richtig, beim Thema Europa einmal grundsätzlich zu werden.
Gaucks Appell an die Zupacker, den Zauderern Leidenschaft und
europäischen Patriotismus entgegenzusetzen, kommt genau zur richtigen
Zeit. Gerade drohen die reichen Staaten angesichts einer teuer
erkauften Beruhigung der Finanzmärkte in Lethargie zurückzufallen –
in eine Interesselosigkeit an der europäischen Idee, die sich dieser
Erdteil nicht mehr leisten kann.
Nein, Gebrauchsanweisungen lieferte das Staatsoberhaupt nicht. Wie
auch? Europa-Empathie lässt sich nicht verordnen. Aber Gauck gab
seinen Mitbürgern in Deutschland einen ganz konkreten Auftrag mit:
Seid nicht bequem und seid nicht gleichgültig. Jede und jeder könne
einen Grund finden für den Satz: Ja, ich will Europa. Diese Botschaft
war nötig – und war vom Präsidenten auch erwartet worden. In seiner
nun einjährigen Amtszeit hat er viele Reden gehalten, aber noch keine
starken Akzente gesetzt.
Nein, Gaucks Worte werden nicht alle Wunden heilen. Im Süden hat
sich Zorn über ein als kaltherzig empfundenes Krisenmanagement
aufgestaut. Und die starken Staaten hadern mit der Rolle des
Zahlmeisters. Eine gute Rede kann Vorbehalte vertreiben. Und die
europäischen Nachbarn erkennen hoffentlich, dass die Furcht vor
deutscher Großmannssucht unbegründet ist. Dafür hat sich dieser
Präsident verbürgt.
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