Dürfen Hartz-IV-Bezieher für 20 Cent eine Klage
anstrengen? Nein, sagen die Richter des Bundessozialgerichts (BSG)
und haben damit alten Rechtsstreitigkeiten um Rundungsdifferenzen den
Boden entzogen. Neue Klagen deswegen dürften sowieso nicht mehr
kommen, der Gesetzgeber hat mittlerweile bestimmt, dass die exakte
ausgerechnete Summe aus dem Hartz-IV-Bescheid ausgezahlt wird.
Allerdings haben die Richter sich nicht mit einer generellen
Bagatellgrenze auseinandergesetzt oder gar festgelegt, wo diese
liegen könnte. Denn die Fantasiesumme von etwa zwei Euro im Monat mag
einem Normalverdiener wenig vorkommen – für Menschen, die nur wenig
Geld zur Verfügung haben, zählt aber jeder Cent. Zumal auch
Hartz-IV-Bezieher ein Recht darauf haben, zu ihrem Recht zu kommen –
wie jeder andere Bürger. Dass dieser Fall bis vors
Bundessozialgericht gelangt ist, liegt im übrigen nicht an der
Leistungsempfängerin. Sie hatte in den Vorinstanzen gewonnen, das
Jobcenter hatte jeweils die höhere Instanz angerufen. Auch das ist
keine Seltenheit: Ein Bescheid ist falsch, der Hartz-IV-Bezieher
klagt und bekommt Recht, doch die Behörde möchte ein
höchstrichterliches Urteil. Das kostet zwar Anwaltsgebühren, bringt
aber Rechtssicherheit und spart möglicherweise viel Geld – denn aus
zwei Euro für den einzelnen Leistungsempfänger können schnell
Millionen werden, wenn es sich um ein Grundsatzurteil handelt. Wo die
Bagatelle anfängt oder aufhört, ist also eine Frage der Perspektive –
und die muss im Zweifelsfall in jedem Einzelfall geprüft werden. Es
ist eine wichtige Errungenschaft unseres Staates, dass man nicht nur
zu seinem Recht kommt, wenn man reich ist.
Pressekontakt:
Neue Presse Hannover
Dirk Racke
Telefon: 0511 / 5101-2254
racke@neuepresse.de