Neues Deutschland: Krankenhäuser in Not: Heult nicht

Hier bin ich geboren, hier hat die Oma ihre
Blinddarmoperation gehabt und hier wurde der Bruder am großen Zeh
operiert – solche Sätze im Angesicht altehrwürdiger
Kleinstadtkrankenhäuser dürften in Zukunft seltener fallen, denn
diese scheinen in der heutigen Gesundheitslandschaft ihren Platz
verloren zu haben. Wer jetzt allerdings so tut, als folgte diese
Entwicklung einem Naturgesetz und den Patienten deswegen etwas
vorheult, heuchelt ganz gewaltig. Unter den großen Klinikkonzernen
herrscht ein erbitterter Machtkampf, denn mit Krankenhäusern kann man
gut Geld machen, Renditen über 17 Prozent einstreichen. Demnächst
entsteht vielleicht in Deutschland der größte Klinikkonzern Europas.
Das heißt allerdings keineswegs: Je größer, desto besser. Größer wird
neben den durchaus begrüßenswerten Spezialkenntnissen und Erfahrungen
die Ausbeutung von Pflegepersonal und Ärzten, der Drang,
gewinnträchtige Eingriffe vorzunehmen und nicht so lukrative
gesundheitliche Leistungen abzustoßen. Damit ist allerdings niemandem
geholfen. Jahrelang sind die Länder ihrer Verpflichtung, für
Investitionen in Krankenhäusern zu sorgen und überzählige Betten
abzubauen, nur schleppend nachgekommen. Vielleicht haben sie gehofft,
das Problem durch verstärkte Privatisierung lösen zu können. Doch das
klappt eben nicht. Wer das Gesundheitssystem auf ökonomische
Beziehungen reduziert, statt sie den sozialen Erfordernissen
anzupassen, weiß das eigentlich. Aber das müssen ja die Patienten
nicht auch spitz kriegen.

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