Ostsee-Zeitung: Kommentar zu Steinbrücks Strompreisbremse

Es hätte so ein guter Tag für Peer Steinbrück
werden können. Der bislang mehr als glücklose SPD-Kanzlerkandidat
wollte die schwarz-gelbe Energiewende-Truppe der Rösler, Altmaier und
Co. als Totalausfall geißeln, was so übertrieben ja nicht ist. Der
schier uneinholbaren Angela Merkel einfach den Stecker rausziehen,
weil die die gewaltige Energie-Herausforderung Stümpern überlässt.
Zackig wollten Steinbrück und sein „Energiewende-Minister“ in spé,
Matthias Machnig, das SPD-Alternativprogramm zur Begrenzung der
Preisrallye auf dem Strommarkt vortragen. Endlich mal mit einem Thema
Schlagzeilen machen, das noch dazu die Leute und die Wirtschaft
direkt berührt. Doch Pustekuchen. Ausgerechnet jetzt, wo Steinbrück
mal richtig punkten will, grätscht Franz Müntefering mit
innerparteilicher Schelte dazwischen. Dem bedauernswerten
Kanzlerkandidaten blieb gestern nichts anderes übrig, als
Münteferings Attacke diplomatisch-gelassen abtropfen zu lassen. In
der Sache musste er dem Sauerländer, der aus der Politik ausscheidet,
sogar recht geben. Der SPD-Verlegenheitskandidat Steinbrück wurde
nicht nur in einer Nacht-und-Nebelaktion ausgerufen, sondern auch
monatelang alleine gelassen. Was freilich keine Entschuldigung für
die vielen Fettnäpfchen sein kann, in die er seither fast mit Wollust
getreten ist. Müntefering zielte nicht auf Steinbrück, sondern
vielmehr auf die Gabriel, Steinmeier und Co. Freilich müsste der
Ex-SPD-Chef auch wissen, dass eine Debatte über die Führung des
Wahlkampfes zur Unzeit Gift für den eigentlichen Wahlkampf ist. Im
kalten Krieg wurden die Sozialdemokraten als „5. Kolonne Moskaus“
verunglimpft. Nun kann sich die Union über Münteferings Schützenhilfe
freuen. Vor diesem aufgeregten Umfeld geriet fast aus dem Blick, dass
die SPD ein durchaus diskutables Alternativkonzept zur schwarz-gelben
Holper-Energiewende vorgelegt hat. Ein Kanzler Steinbrück würde die
Energieversorger in die Pflicht nehmen, Unsinnigkeiten bei der
Förderung von Öko-Strom abbauen und mit Steuergeld den Preisanstieg
dämpfen. Energiewende-Kanzler Steinbrück?

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