Ostsee-Zeitung: Kommentar zum Leitzins

Nie war Geld in der Eurozone billiger für die
Banken zu haben als jetzt. Gestern senkte die Europäische Zentralbank
ihren Leitzins auf ein historisches Tief von 0,75 Prozent.
Profitieren werden vor allem die großen Schuldner – neben den Banken
sind das in erster Linie die klammen Staaten. Die Zeche zahlen die
Sparer. Denn der aktuelle Leitzins ist immer auch Indikator für die
Verzinsung von Tages- und Festgeldkonten. Die Strategie „Zinsen
runter, Inflation hoch“, mit der sich schon die USA nach dem Zweiten
Weltkrieg von ihrer immensen Schuldenlast befreiten, kommt auch so
manchem Politiker zupass. Denn sonst müsste er unpopuläre
Einsparungen oder schmerzhafte Steuererhöhungen predigen. So sinken
die Verbindlichkeiten des Staates wie von Zauberhand – und der Bürger
merkt erst auf Umwegen, wie er gemolken wird. Experten haben–s
konkret errechnet: Bei einem Sparzins von 0,6 Prozent und zwei
Prozent Inflation sind 10 000Euro in zehn Jahren nur noch 8700 Euro
wert. Der Verlust ist wie eine Sondersteuer, die nie ein Parlament
absegnen musste.

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