Stuttgarter Zeitung: Klägliche Bilanz / Kommentar zum Stocken der Hilfe für Missbrauchsopfer

Als vor drei Jahren ans Tageslicht kam, welches
Ausmaß der sexuelle Missbrauch in vielen Sphären der Gesellschaft
hat, war die Aufregung sehr groß. Es mangelte weder an
Aufklärungseifer noch an politischem Aktionismus. Doch der ist
inzwischen ziemlich verpufft.

Am Pranger stehen diesmal nicht die Kirchen, sondern zivile
Instanzen. Sie werden ihrer Verantwortung nicht gerecht. Die
versprochene Hilfe für Missbrauchsopfer kostet nämlich Geld. Und die
meisten Bundesländer sind offenbar so klamm, dass sie selbst hier
knausern. Das ist beschämend. Das schnöde Geschacher um ein paar
Millionen Euro verhöhnt diese Menschen aufs Neue.

Ebenso schwer verständlich ist das Zeitlupentempo, mit dem die
Mühlen des parlamentarischen Betriebs in dieser Angelegenheit mahlen.
Seit anderthalb Jahren steckt ein Gesetz im Bundestag fest, das die
Rechte der Missbrauchsopfer stärken soll. Von der Entschlossenheit,
die am Runden Tisch zu spüren war, ist wenig geblieben. Es wäre an
der Zeit, endlich zu handeln.

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