WAZ: Bekenntnis mit Nebenwirkung. Kommentar von Tobias Blasius

Hannelore Kraft widersetzt sich der Logik
politischer Karrieren. Sie will nicht ins Kanzleramt und nicht ins
Schloss Bellevue – sie will einfach NRW-Ministerpräsidentin bleiben.
Normalerweise wird solche Genügsamkeit bei einer, die derart populär
ist wie die SPD-Frau aus Mülheim, als taktische Koketterie abgetan.
Politik ist schließlich allzu oft die Suche nach der richtigen
Gelegenheit zum persönlichen Aufstieg. Die Verschleierung der eigenen
Ambitionen gehört zum politischen Geschäft. Kraft aber hat sich nun
festgelegt, an Rhein und Ruhr zu bleiben. Dort, wo sie mit ihrem
kumpeligen Revier-Zungenschlag zumeist den richtigen Ton trifft und
gemocht wird. Ob das vorschnelle NRW-Bekenntnis ihrer
Durchsetzungsfähigkeit in Berlin nutzt, ist eher fraglich.
Ambitionierte Rivalen um höchste Ämter werden dort in der Regel
ernster genommen als sympathisch verwurzelte Regionalgrößen.

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