WAZ: Beute für Piraten – Kommentar von Ulrich Reitz

Union, SPD und FDP haben ihren Versuch gestoppt,
Freidenkern die Redezeit im Parlament zu kappen. So klug das ist –
schon der Versuch von Zensur war dumm. Man muss einige Worte
verlieren über Parlamentarische Geschäftsführer. Sie agieren nicht
auf, sondern hinter der Bühne. Sie organisieren Mehrheiten. Ohne
Mehrheiten keine Entscheidungen. Geschäftsführer sind die
Kulissenschieber der Macht. Wer für die Macht zuständig ist, schätzt
Meinungsfreiheit nur insoweit, als sie für die besten Argumente
sorgt, um die eigene, die Mehrheitsmeinung zu stärken.
Geschäftsführer sind Kontrollfreaks. Gerät eine Meinung außer
Kontrolle, muss sie bekämpft werden. Das dient dann der
„Funktionsfähigkeit des Parlaments“. Insofern waren die Freunde der
Zensur wenigstens ehrlich. Und es ist ja auch wahr: Im Parlament wird
das Recht auf Rede auf vielfältige Weise geregelt. Völlige Freiheit
des Wortes herrscht hier nicht, kann auch nicht herrschen. Aber
gerade weil das so ist, muss man den Mut, von der Mehrheit
abzuweichen, belohnen und nicht bestrafen. Diesen Fehler haben die
Etablierten nun korrigiert. Die Piraten, diese Anti-Etablierten,
werden trotzdem jubeln.

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