WAZ: Das Ende der Barmherzigkeit? Kommentar von Walter Bau

Erzbischof Müller ist als Chef der
Glaubenskongregation ein mächtiger Mann im Vatikan. Sein Beharren auf
dem strengen Umgang der katholischen Kirche mit wiederverheirateten
Geschiedenen ist deshalb ein klarer Hinweis, dass maßgebliche Leute
in Rom nicht bereit sind, die „Zeit der Barmherzigkeit“, die der
Papst erst kürzlich verkündet hatte, mit Leben zu füllen. Mit seiner
Mahnung, die Kirche dürfe nicht in der „Anpassung an den Zeitgeist“
ihr Heil suchen, liegt Müller ganz auf der harten Linie von Benedikt
XVI., einst selbst Chef der Glaubenskongregation. Für Benedikts
Nachfolger im Papstamt, für Franziskus also, der eine weniger harte
Haltung der Kirche gegenüber Geschiedenen angedeutet hatte, könnte
der Streit um das Thema zum ersten echten Prüfstein für seinen Kurs
der Nähe zu den Menschen werden. Die Hardliner im Vatikan scheinen
gewillt, sich so einfach nicht geschlagen zu geben.

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