Als Joschka Fischer neulich den zweiten Teil seiner
Memoiren vorstellte, ging er mit der Regierung Merkel/Westerwelle
fast liebevoll um. Die hätten vieles angepackt, aber „niemals
Warmluft unter die Flügel bekommen“. Perdu. Nach der deutschen
Enthaltung in der Libyen-Frage im UN-Sicherheitsrat schickt der
Ex-Außenminister der amtierenden Führung einen Kältestrahl hinterher,
wie er eisiger nicht sein könnte. Fazit seiner Kritik: Totalversager!
Das ist erstens ungewöhnlich, weil Fischer in rhetorischer
Straßenkämpfermanier mit der Diplomatenregel bricht, dass man
Nachfolger nicht öffentlich in den Senkel stellt. Und zweitens nur
berechtigt. Die Widersprüchlichkeit der Regierung, die einer
militärischen Intervention in Libyen offiziell Glück und Erfolg
wünscht, sie aber insgeheim für geeignet hält, den gesamten
arabischen Raum in Brand zu setzen und darum die Bundeswehr in den
Kasernen lässt, wird von Tag zu Tag schwerer erträglich.
Dass sich immer mehr außenpolitische Schwergewichte in- und
außerhalb aller Parteien gegen diesen Kurs stellen, kann dem ums
politische Überleben kämpfenden Westerwelle zum Verhängnis werden.
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