Die NRW-Landesregierung bereitet offenbar einen
neuen Großeinsatz im Hambacher Forst vor. Das berichtet die
Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ, Montagausgabe) unter Berufung
auf Informationen aus Regierungskreisen. Danach sollen in Kürze
erneut illegale Baumhäuser in dem 200 Hektar großen Waldgebiet im
Rheinischen Braunkohlerevier geräumt werden. Als Begründung werden
erneut baurechtliche Mängel bei den Hütten der Waldbesetzer
herangezogen.
Wann genau die Räumung durchgeführt wird, blieb zunächst unklar.
Als Voraussetzung gilt eine ausreichende Verfügbarkeit von
Polizeikräften. Bauministerin Ina Scharrenbach und Innenminister
Herbert Reul (beide CDU) hatten zuletzt immer wieder betont, dass der
Hambacher Forst auch im neuen Jahr nicht als „rechtsfreier Raum“
geduldet werde. Aus dem Bauministerium erging jüngst ein Erlass an
die zuständigen Behörden im Kreis Düren und in der Stadt Kerpen, in
den nächsten Tagen baurechtlich gegen die Waldbesetzer vorzugehen.
Zum Jahreswechsel waren im Hambacher Forst Molotowcocktails und
Steine geflogen. Es soll dort erneut eine zweistellige Zahl illegaler
Baumhäuser errichtet worden sein.
Das Landesbauministerium hatte erstmals im September 2018 die
lokalen Behörden angewiesen, die Baumhäuser zu räumen. Als oberste
Bauaufsicht war Scharrenbach zu der rechtlichen Einschätzung gelangt,
dass die selbstgezimmerten Hütten in den Baumkronen als „bauliche
Anlagen“ zu betrachten seien. Deshalb müssten für sie die gleichen
Vorschriften zu Brandschutz und Statik gelten wie bei anderen
Bauwerken auch. Die rot-grüne Vorgängerregierung hatte dies anders
beurteilt und die Baumhäuser im Hambacher Forst, der Eigentum des
Energiekonzerns RWE ist, über Jahre geduldet. Das
Oberverwaltungsgericht stellte inzwischen klar, dass die zum Teil
militanten Waldbesetzer – unabhängig von baurechtlichen Fragen –
nicht das friedliche Demonstrationsrecht als Wohnrecht in den Bäumen
beanspruchen können.
Die erste Räumung von mehr als 50 Baumhäusern im Herbst 2018 wurde
von einem der größten Polizeieinsätze der Landesgeschichte begleitet.
Die kurz darauf erwartete Rodung des rund 200 Hektar großen
Waldgebietes für den Tagebau hat bis heute nicht stattgefunden. Das
Oberverwaltungsgericht stoppte die Planungen, weil es
umweltrechtliche Fragen nochmals prüfen lassen will. Der Rechtsstreit
könnte bis Ende 2020 dauern.
Auch energiewirtschaftlich ist die Rodung inzwischen fraglich, da
eine Expertenkommission der Bundesregierung bis Ende Januar einen
Ausstiegsfahrplan für die Braunkohle-Verstromung vorlegen will. Es
werden heftige Einschnitte für die Tagebaue im Rheinischen Revier
erwartet. Nach RWE-Angaben könnte der Verzicht auf eine Rodung des
Hambacher Forstes einen betriebswirtschaftlichen Schaden von vier bis
fünf Milliarden Euro verursachen und 5000 Arbeitsplätze gefährden.
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