WAZ: Plötzliche Energiewende
– Kommentar von Tobias Blasius

Johannes Remmel, der streitbare NRW-Umweltminister
von den Grünen, kann sein Glück kaum fassen: Eben noch wurde er von
der Opposition als „Klima-Taliban“ verteufelt, da hat sich die
politische Stimmung in Düsseldorf schneller gedreht als das
Rotorblatt eines Windrads. Plötzlich folgen die Gegner von gestern
bereitwillig in eine grüne Zukunft voll erneuerbarer Energien.
„Verspargelung“ der Landschaft? Nunmehr gibt es eine
All-Parteien-Koalition für einen massiven Ausbau der Windenergie in
NRW. Wer wie CDU und FDP über Nacht aus der Atomkraft flüchten will,
muss eben auch andere Positionen eilig räumen. Wenn dieser abrupte
Schwenk in der Energiedebatte etwas Gutes hat, dann wohl dies: Im
Industrieland NRW wird sich in den kommenden Jahren beispielhaft
beobachten lassen, wie ehrlich und prinzipientreu die Parteien bei
ihrer Energiewende operieren. Riesenwindräder, so hoch wie der Kölner
Dom, unterirdische Speicher für erneuerbare Energien, kilometerlange
Überlandleitungen, steigende Strompreise – noch manche Debatte wird
Stehvermögen kosten. Themen, die man bislang honorigen Professoren in
Zukunftskommissionen überlassen konnte, müssen plötzlich geballt
zwischen Landesbehörden und Stadtverwaltungen entschieden werden. Ein
Windkrafterlass ist da erst der Anfang.

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