Das war kein Nasenstüber. Das war der Rohrstock. Das
Bundesverfassungsgericht hält die Höhe der Leistungen für
Asylbewerber nicht nur für niedrig, sondern für menschenunwürdig. Der
Staat muss die monatlichen Zahlungen drastisch erhöhen – von im
Schnitt 224 auf zunächst knapp 340 Euro bei Erwachsenen. Er muss auch
teilweise Unterstützung nachzahlen und für die Zukunft das ganze
Gesetz neu auf die Beine stellen. Peinlich ist die Ignoranz, die
Politik und Behörden über zwei Jahrzehnte zeigten. Bund, Länder und
Gemeinden kannten alle Schwachstellen. Seit 1993 steht im Gesetz,
dass die Leistungen regelmäßig an die Lebenshaltungskosten anzupassen
sind. Nie ist das passiert. Spätestens seit dem Karlsruher Urteil zu
Hartz IV 2010 war auch klar, dass die höheren Leistungen an
Langzeitarbeitslose der Maßstab für das Existenzminimum sind. Auch
hier: Augen und Ohren blieben zu. Unsere Politiker nahmen alles
bewusst in Kauf, um Asylbewerber abzuschrecken und das unpopuläre
Thema totzuschweigen. Die Richter halten das zu Recht für einen
Skandal. Der Kernsatz im Urteil: „Menschenwürde ist
migrationspolitisch nicht zu relativieren.“ Jetzt ist das Geschrei
groß. 789 Millionen Euro, die Kommunen bisher jedes Jahr für die
130000 Asylbewerber ausgeben, sind viel Geld. Aber die Kämmerer
sollten sich beim Bund und den Ländern schadlos halten. Der Bund hat
das Gesetz gemacht. Wer bestellt, bezahlt.
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