Internetaktivisten feiern sich als Beschützer von
Freiheit und Demokratie, Film- und Musikindustrie haben einen Dämpfer
bekommen. Acta ist im Europäischen Parlament gescheitert – und das
ist gut so. Das Handelsabkommen war von Anfang an eine Fehlgeburt:
Ausgekungelt hinter verschlossenen Türen, selbst die
Welthandelsorganisation WTO blieb draußen vor der Tür; schwammig
formuliert und damit all jenen eine breite Angriffsfront bietend, die
Acta als Angriff auf die Netzfreiheit verstehen wollten; schon vom
Grundansatz falsch, weil so unterschiedliche Bereiche wie den Kampf
gegen klassische Produktpiraterie und der Schutz des geistigen
Eigentums in einem Vertragswerk geregelt werden sollten. Mit dem Aus
für Acta haben Internet-Aktivisten erstmals im Zusammenspiel mit dem
Protest auf der Straße einen großen Sieg errungen. Auch wenn zuweilen
beim Aufstand gegen das Handelsabkommen eine gehörige Portion
Hysterie im Spiel war. Aber Acta mahnt Politik und Wirtschaft: Will
man das Urheberrecht zeitgemäß reformieren, dann führt an einer
Zusammenarbeit mit internetaffinen Gruppen kein Weg mehr vorbei. Und
eine Neuregelung des Urheberrechts ist mehr als überfällig. Das
rechtliche Fundament geht auf das Jahr 1965 zurück und ist auf der
Datenautobahn gehörig unter die Räder gekommen. Geistiges Eigentum
muss aber geistiges Eigentum bleiben – auch im Netz. Doch bis zu
einem gewissen Grad sollten auch private Kopien erlaubt sein, nicht
zuletzt, um den Abmahn-Wahnsinn im Internet zu stoppen. Schließlich
hat sich in den 70er- und 80er-Jahren auch niemand darüber aufgeregt,
wenn junge Menschen sich die Songs von Abba oder den Sex Pistols vom
Radio auf Kassetten aufgenommen haben. Will man künftig Protestwellen
im Netz vermeiden, ist vor allem eines wichtig: Die Unterscheidung
von legal und illegal muss Gerichten überlassen bleiben und nicht
Firmen und Providern, wie es beispielsweise die frühen Entwürfe von
Acta noch vorgesehen hatten. Andererseits müssen neue
Geschäftsmodelle aufgebaut werden, damit die Künstler in der
virtuellen Welt nicht leer ausgehen. Auch wenn Teile der Netzgemeinde
illegales Kopieren ziemlich cool finden – auf Dauer droht kultureller
Schaden.
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