Westfalenpost: Der Fehler liegt auch im System Von Martin Korte

Ach, wir sind es langsam leid. Wieder mal
Klima-Konferenz, wieder mal Lippenbekenntnisse, dass die
Erderwärmungs-Uhr mindestens fünf vor zwölf anzeigt, und wieder nur
enttäuschende Ergebnisse. Bundesumweltminister Altmaier kann das
Mammut-Treffen in Doha noch so sehr als „Durchbruch“ anpreisen –
unter dem Strich bleibt, je nach Gemütslage, Ernüchterung oder
blankes Entsetzen. Gut, die Konferenz ist nicht komplett gescheitert.
Aber was heißt das schon? Die Ergebnisse sind so dünn, dass sie noch
nicht einmal im Ansatz dazu geeignet wären, dem von Menschen
gemachten Klimawandel zu begegnen. Zwar verlängerte die Teilnehmer
das Kioto-Protokoll, aber was bringt das, wenn die wichtigsten
Treibhausgas-Verursacher nicht mitmachen. Entgegen der
Wahlkampf-Versprechungen von Barack Obama wählten die USA für Katar
eine passive Beobachter-Rolle; sie fürchten genau wie Indien und
China, mehr Klimaschutz behindere die wirtschaftliche Entwicklung.
Die Europäische Union gab in Doha ebenfalls ein jämmerliches
(Vor-)Bild ab: Polen stellte sich in aller Weltöffentlichkeit quer
beim Plan, das Reduktionsziel der EU von 20 auf 30 Prozent zu
erhöhen. Mein Gott, lässt sich so etwas nicht im Vorfeld klären? Der
Fehler liegt aber auch im System: Mit mehr als 17.000 Delegierten ist
eine Konferenz nicht mehr handlungsfähig. Die schiere Größe ist sogar
kontraproduktiv: Die reichen Industriestaaten können es sich
erlauben, ihre Abordnungen personell so aufzupumpen, dass sie die
Vertreter der Entwicklungsländer schlicht und einfach müde
verhandeln. Wenn dann noch ein kleines Land wie Katar mit der
Konferenzführung völlig überfordert wird, ist das Resultat keine
Überraschung.

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