Westfalenpost: Die Deutschlad-Skepsis / Kommentar von Andre Schweins zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

Das Europaparlament ein undurchschaubares
Sammelbecken voller Splitterparteien: Das ist kein alleiniges
deutsches Problem. In der Hälfte der 28 EU-Staaten gibt es bei der
Europawahl keine Sperrklausel. Und doch wird die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts, auch die Drei-Prozent-Hürde zu kippen, bei
den Nachbarn vor allem die Deutschland-Skepsis vergrößern. Das hat
kaum etwas damit zu tun, dass unter den künftig 96 deutschen
Abgeordneten auch Rechtsextremisten sitzen könnten. Das wird
Demokratie aushalten. Problematischer ist da schon die Einschätzung
der Verfassungsrichter, das Europaparlament sei erst auf dem Weg,
sich als institutioneller Gegenspieler der EU-Kommission zu
profilieren. Typisch Deutschland, konstatieren die europäischen
Partner – das Europaparlament wird gar nicht erst als Schaltzentrale
wahrgenommen. Die Entscheidung in Karlsruhe sorgt bei der Wahl im Mai
für eine Aufwertung der einzelnen Stimme, aber sie schwächt das hohe
europäische Haus und dessen Funktionsfähigkeit. Die herausragende
Bedeutung der Sperrklausel bei Bundestags- und Landtagswahlen dagegen
wird auch zukünftig nicht in Abrede gestellt. So weit wird das
fortwährende Kräftemessen von Politik und Verfassungsgericht dann
doch nicht gehen. Immerhin.

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