Westfalenpost:Ärztestreik: Das Verhältnis ist arg zerrüttet Von Lorenz Redicker

Nein, es waren nicht nur Drohgebärden. Die Ärzte
machen ernst. Zu weiteren Verhandlungen mit den Krankenkassen waren
sie gestern erst gar nicht bereit. Nun soll es Urabstimmungen geben,
danach könnte es zu Warnstreiks und Praxisschließungen kommen. Die
Tür ist noch nicht ganz zugeschlagen. Zwar ist das Verhältnis
zwischen Ärzten und Kassen offensichtlich arg zerrüttet, ein
Spitzengespräche in kleiner Runde aber könnte noch eine Wende
bringen. Könnte. Wenn beide Seiten wollen. Danach sieht es nicht aus.
Einerseits ist es ja so: Die Ärzte haben zwei Nullrunden verkraften
müssen. davor indes gab es zwei fette Jahre mit kräftigen Zuwächsen.
Mitten in der Krise. Auf der anderen Seite die Kassen: Sie schwimmen
im Geld. Die meisten jedenfalls. Aber sie horten die Milliarden, um
in der Not gegen Zusatzbeiträge gewappnet zu sein. Denn
Zusatzbeiträge können selbst Große an den Rand des Ruins bringen, das
lehrt die bisherige Erfahrung. Da reagieren die Kassen ganz
solidarisch – und treten gemeinsam auf die Ausgabenbremse. Natürlich
gibt es auch bei den Ärzten erhebliche Einkommensunterschiede.
Zwischen Allgemeinmedizinern und Fachärzten etwa oder zwischen Ärzten
in prosperierenden Landstrichen (viele Privatpatienten) und solchen
in ärmeren Vierteln (viel Arbeit). Und bei den Ärzten gilt wie bei
den Kassen: Die Starken wollen nichts abgeben an die Habenichtse.
Auch deshalb lagen Angebot und Forderung so weit auseinander. Im
Moment sieht alles nach Eskalation aus. Wenn nicht die
Vernunftbegabten auf beiden Seiten doch noch die Oberhand gewinnen.

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