Die Kirche behält Dinge gerne in den eigenen Mauern
und denkt in Zeitdimensionen, die nicht selten nach Jahrzehnten und
Jahrhunderten bemessen sind. Das ist zum einen eine gute Nachricht,
denn für viele Menschen ist und bleibt die Kirche ein Hort von
Stabilität und Sicherheit, der sich von flüchtigem Zeitgeist nicht
beeindrucken lässt. Es kann aber auch eine schlechte Nachricht sein,
dann, wenn Dinge unverzüglich ans Licht müssen, um der Gerechtigkeit
willen. Was den Umgang mit sexuellem Missbrauch angeht, kommt man um
dieses Urteil nicht herum: Ja, beide christlichen Kirchen in
Deutschland haben sich sehr lange sehr schwergetan. Sie haben
Versäumnisse eingeräumt und Leitfäden verfasst, aber sie sind dann
doch oft davor zurückgeschreckt, Archive vorbehaltlos zu öffnen und
erschreckende Erkenntnisse unverzüglich zu offenbaren. Bezeichnend
ein Vorgang aus dem Jahr 2013: Die katholische Kirche beendete die
vereinbarte Zusammenarbeit mit dem Kriminologischen
Forschungsinstitut Niedersachsen, das auf die Öffnung kirchlicher
Geheimarchive gedrungen hatte. Dieser Umgang mit der Wahrheit ist
geprägt von Jahrzehnten, in denen der Mantel des Schweigens über
schlimme Vorgänge gebreitet wurde. Aber dieser Umgang mit der
Wahrheit ist nicht hinnehmbar, und gerade für die Opfer ist er
unerträglich. Kirche ist und bleibt wichtig, sie darf nicht als Hort
des Bösen verdächtigt werden. Gerade deshalb muss sich Kirche ohne
Zaudern öffnen und die angemessene Transparenz schaffen.
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Ute Siegfried-Henkel
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