Anspruch auf konktrete Zeugnisformulierung? von Rechtsanwalt und Fachanwalt Robert Mudter

In einer neuen Entscheidung beschäftigt sich das Bundesarbeitsgericht mit der Frage der Formulierung eines arbeitsrechtlichen Zeugnisses. Konkret ging es um eine Formulierung die der Arbeitnehmer angegriffen hat, die vielfach als negativ gewertet wird. Die Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts gibt die Entscheidung wie folgt wieder:
„Nach § 109 Abs. 1 GewO hat der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis darf gemäß § 109 Abs. 2 Satz 2 GewO keine Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen (Grundsatz der Zeugnisklarheit).

Der Kläger war in der Zeit vom 1. April 2004 bis zum 28. Februar 2007 als Mitarbeiter im „SAP Competence Center“ der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte erteilte ihm unter dem Beendigungsdatum ein Zeugnis. Dieses enthielt auszugsweise folgenden Absatz:
„Wir haben den Kläger als sehr interessierten und hochmotivierten Mitarbeiter kennen gelernt, der stets eine sehr hohe Einsatzbereitschaft zeigte. Der Kläger war jederzeit bereit, sich über die normale Arbeitszeit hinaus für die Belange des Unternehmens einzusetzen. Er erledigte seine Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit.“
Der Kläger wendet sich, soweit für die Revisionsinstanz noch maßgeblich, gegen die Formulierung „kennen gelernt“. Er hat die Auffassung vertreten, diese Formulierung werde in der Berufswelt überwiegend negativ verstanden. Damit bringe der Arbeitgeber verschlüsselt zum Ausdruck, dass gerade das Gegenteil der jeweiligen Aussage zutreffe. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Die Revision des Klägers war vor dem Neunten Senat ohne Erfolg. Die im Zeugnis der Beklagten enthaltene Formulierung, „als sehr interessierten und hochmotivierten Mitarbeiter kennen gelernt“, erweckt aus Sicht des objektiven Empfängerhorizonts nicht den Eindruck, die Beklagte attestiere dem Kläger in Wahrheit Desinteresse und fehlende Motivation.“
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15. November 2011 – 9 AZR 386/10 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 18. Dezember 2009 – 11 Sa 1092/08 –
Die Entscheidung ist insoweit von großer Relevanz, als diese zeigt wie unbedingt wichtig es ist bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Formulierung des Zeugnisses am besten vor abklären zu lassen. Der nachträgliche Anspruch auf Zeugnisberichtigung ist zwar theoretisch existent, praktisch jedoch vor den Arbeitsgerichten nur schwer durchsetzbar. Der wesentliche Streitpunkt ist dabei regelmäßig die Beurteilung von Führung und Leistung des Arbeitnehmers. Gerade hier hat sich eine Zeugnissprache herausgebildet die unbedingt zu beachten ist. Relevant im Falle eines Streites vor dem Arbeitsgericht ist die Beweislast. Sie als Arbeitnehmer müssen beweisen, dass ihre Leistungen überdurchschnittlich waren. Konkret bedeutet dies, dass sie ohne weiteres nur Anspruch auf eine befriedigende Beurteilung haben. Praktischerweise ist dies natürlich kaum hinnehmbar.
Insbesondere für Führungskräfte ist es daher zwingend die Zeugnisformulierung vorab festzuhalten. Gerade auch im Rahmen einer Aufhebungsvereinbarung sollte, neben der Führungs – und Leistungsbeurteilung, auch eine angemessene Dankes – und Bedauernsformel fixiert werden. Auch auf diese besteht nämlich regelmäßig kein Rechtsanspruch. Da es bei dem Zeugnis um keine Geldleistung geht, ist dies, bei geschicktem agieren, im Rahmen von Aufhebungsverhandlungen in der Regel auch sehr gut aushandelbar.