Die SPÖ geht kein Risiko ein. Der Wahlkampf ist an
Schlichtheit kaum zu übertreffen. Die Plakate sind hässlich, aber
rot. Die Botschaften sind simpel. Arbeit. Pensionen. Bildung.
Schlagwörter, die kaum mit Inhalt angefüllt werden. Natürlich hat die
SPÖ ihre Themen zuvor in Umfragen abtesten lassen und weicht jetzt
keinen Millimeter von der Interessenlage ihrer Klientel ab.
Plakatiert wird auch der Parteichef. Das ist zwar Werner Faymann, die
Geste ist aber immerhin dynamisch. Und den Kanzlerbonus hat er auch.
Die ÖVP verzichtet noch darauf, ihren Parteichef zu affichieren. Die
Schwarzen gehen es von der Bildsprache her gemächlich an und erfreuen
das Auge mit erstklassigen Tourismussujets. Da ist wenig ÖVP, aber
viel Wohlfühlen drin. Das soll in einer zweiten Plakatwelle
konterkariert werden: Dann wird Michael Spindelegger den
Kanzleranspruch stellen. So statisch, aber effizient die SPÖ ihre
Wahlkampflinie anlegt, so verwirrend zerfleddert sind die Ansätze der
ÖVP: Zu viele Themen, zu viel Vor und Zurück – die Schwarzen stehen
sich selbst im Weg. Arbeitszeitflexibilisierung, Frauenpensionsalter,
Wirtschaftsstandort – und zu allem Überdruss weiß dann auch
Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl seinen Senf dazuzugeben.
So dümmlich die nachfolgende Nestbeschmutzerdebatte war, so unnötig
und ungeschickt war Leitls Befund, dass Österreich abgesandelt sei.
Die Ruhe, die Spindelegger schon kraft seiner Ausstrahlung in den
Wahlkampf bringen wollte, ist dahin, wenn die Partei sich in
wesentlichen Fragen nicht auf eine Linie einigen, geschweige denn
diese komplexen Themen nachvollziehbar kommunizieren kann. Außerdem
konterkariert sich die schwarze Parteiführung selbst, wenn sie
einerseits einen souveränen und sympathischen Vizekanzler
darzustellen versucht, andererseits aber das Sekretariat damit
beauftragt, mit Dreck um sich zu werfen. Die Hasskampa?gne des
schwarzen Generalsekretärs gegen Rot und Grün ist ein Anschlag auf
die Intelligenz und schlichtweg ungus?tiös: Da werden die Grünen, mit
denen die ÖVP als Partner in drei Landes?regierungen sitzt, als wild
gewordene Horde von rauschgiftsüchtigen Pädophilen dargestellt. Die
Jung-Sozen, die im Gegenzug vor Schwarz-Blau und vielleicht Stronach
warnen, wirken im Vergleich zur ÖVP-Guerillatruppe wie
Internatszöglinge. Was in diesem Wahlkampf aber viel schwerer wiegt,
ist das Fehlen einer Vision. Die SPÖ hat erst gar keine, lebt aber
gut damit, weil sie ihren Sympathisanten die Angst vor Veränderung
einimpft. Faymann setzt auf die Kon?stanz des Mutlosen, auf das
Fortschreiben der Bewegungslosigkeit als umfassendes Heilmittel. Die
ÖVP muss aber die Notwendigkeit einer Änderung deutlich machen, wenn
sie den Anspruch auf einen Machtwechsel glaubwürdig darstellen und
mit einer gewissen Nachdrücklichkeit versehen will. Genau das gelingt
der ÖVP aber nicht: ein Bild zu entwerfen, was besser sein würde,
wenn Spindelegger Kanzler wäre. Keine neuen Schulden zu machen,
vordergründig nett und höflich zu sein, das reicht nicht aus, um das
Bild eines schwarzen Kanzlers in Schwingung zu bringen. Da müsste
noch etwas kommen – eine Geste, eine Bewegung, eine Idee. Sonst wird
die SPÖ ihren knappen Vorsprung mit roten Plakaten und leeren
Schlagwörtern sicher ins Ziel tragen.
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