Kölner Stadt-Anzeiger: Ex-Verfassungsrichter wirft Karlsruhe Werte-Erosion vor – Michael Bertrams: Urteile zu gleichgeschlechtlichen Partnerschaften Beitrag zu „fragwürdiger Runderneuerung“

Ex-Verfassungsrichter wirft Karlsruhe Werte-Erosion
vor – Michael Bertrams: Urteile zu gleichgeschlechtlichen
Partnerschaften Beitrag zu „fragwürdiger Runderneuerung“

Köln. Der frühere Präsident des Verfassungsgerichtshofs für
Nordrhein-Westfalen, Michael Bertrams, kritisiert die Urteile des
Bundesverfassungsgerichts zu gleichgeschlechtlichen Partnerschaften
als Beitrag zur Aushöhlung tradierter Werte. Karlsruhe habe sich
„zum Motor eines problematischen gesellschaftlichen Wertewandels
aufgeschwungen“ und leiste einer „fragwürdigen Runderneuerung
gesellschaftlicher Werte“ Vorschub, so Bertrams im „Kölner
Stadt-Anzeiger“ (Mittwoch-Ausgabe). „Im Falle der Homo-Ehe hat das
Gericht eine Erosion tradierter Werte eingeleitet, die für das
Zusammenleben der großen Mehrheit der Bevölkerung nach wie vor von
konstitutiver Bedeutung sind“, so Bertrams. Das Verständnis des
Verfassungsgerichts von dem, was Gleichheit und Gleichbehandlung im
Bereich von Ehe und Familie bedeuteten, entfalte eine „Sogwirkung,
der sich der Gesetzgeber nicht mehr entziehen kann“, kritisierte
Bertrams. Karlsruhe habe sich speziell in seiner Rechtsprechung zur
Homo-Ehe, so jüngst mit seinem Urteil zur „Sukzessiv-Adoption“, von
den Intentionen und Vorstellungen, welche die Mütter und Väter des
Grundgesetzes mit dem Institut der Ehe und Familie verbunden hätten,
so weit entfernt, dass es schwer falle, von einer vertretbaren
Verfassungsinterpretation zu sprechen.

Der Gesetzgeber dürfe über die für das Institut der Ehe
wesentlichen Strukturprinzipien nicht verfügen, argumentiert
Bertrams. Dazu gehöre die Verschiedengeschlechtlichkeit der
Ehepartner. „Artikel 6 des Grundgesetzes schützt die Ehe als
Institut wegen der in der Ehe potenziell angelegten Elternschaft und
damit wegen der Bedeutung der Ehe für Familie und Gesellschaft“, so
Bertrams weiter. Der Gesetzgeber könne sich den Anforderungen des
Artikels 6 nicht dadurch entziehen, dass er die Bezeichnung „Ehe“
vermeide und stattdessen von „Lebenspartnerschaft“ spreche. Bertrams
ist Ende Januar nach fast 20 Jahren an der Spitze des
NRW-Verfassungsgerichtshofs in Münster in den Ruhestand getreten.

Pressekontakt:
Kölner Stadt-Anzeiger
Produktion
Telefon: 0221 224 3157