KORRIGIERTE NEUFASSUNG der OTS0208 vom 4.3.2013: „DER STANDARD“-Kommentar: „Stronachs Glanz und Glorie“ von Michael Völker

Politische Konkurrenten und interessierte Beobachter
der Wahlen waren mit einem Urteil schnell zur Hand: Sie sprachen den
Stronach-Wählern die Intelligenz ab. Diese Einschätzung ist für sich
genommen allerdings auch nicht sonderlich intelligent, da sie sowohl
die Wähler als auch den Gewählten unterschätzt.

Insgesamt haben an diesem Sonntag mehr als 130.000 Menschen in
Niederösterreich und Kärnten für das Team Stronach gestimmt. Das ist
ein starkes Votum. Die Retortenpartei, die es ohne Wahlen bereits zu
einem Klub im Parlament gebracht hatte, schaffte bei diesen
Wahlgängen tatsächlich noch mehr: Auf Anhieb gelingt der Einzug in
zwei Landtage, auf Anhieb ist das Team Stronach mit je einem Sitz
auch in beiden Landesregierungen vertreten. Das Wahlergebnis in
Niederösterreich – immerhin drittstärkste Kraft noch vor der FPÖ und
den Grünen – beschert der Neo-Partei auch ein Mandat im Bundesrat.
Willkommen im Establishment.

Das ist auch deshalb erstaunlich, weil das Team Stronach noch
keinerlei politische Leistung vollbracht hat, weil es nicht einmal
ein gültiges Wahlprogramm gibt, das über Phrasen hinausgehen würde,
auf das sich seine Funktionäre oder die Wähler berufen könnten. Es
bleiben die mehr oder minder hohlen Schlagworte Wahrheit, Transparenz
und Fairness – und die Person Frank Stronach.

Die Gründe, Stronach zu wählen, liegen zu einem Teil in seiner
Person verborgen, in dem, was er darstellt, was er transportiert und
wie er es verkauft. Millionär, eigenes Geld, Tüchtigkeit,
Authentizität. Der Mann will etwas, er hat eine Mission. Das kann
ansteckend sein, das kann motivieren. Stronachs Strahlkraft liegt
aber auch in dem begründet, was die Kandidaten anderer Parteien nicht
darstellen, nicht transportieren und nicht zu verkaufen imstande
sind. Wichtigste Motive der Stronach-Wähler: Protest und
Unzufriedenheit.

Das Nichtvermögen anderer Parteien, die Bedürfnisse vieler Bürger
anzusprechen, ist eindeutig die stärkste Triebfeder, Stronach die
Stimme zu geben. Seine Wählerschaft setzt sich vorwiegend aus
ehemaligen FPÖ- und BZÖ-Anhängern sowie aus früheren Nichtwählern
zusammen – der klassische Pool der Protestwähler. Und schon ist
Stronach bei einem Wert um die zehn Prozent – aus dem Nichts heraus.
Ein solches Ergebnis kann auch für die kommende Nationalratswahl als
wahrscheinlich angenommen werden. Das ist keine Katastrophe, aber
eine bedenkliche Entwicklung: Stronach spricht das Destruktive in den
Menschen an. Er selbst wird nicht viel bewegen, aber er treibt die
„Altparteien“ vor sich her wie einst Jörg Haider.

Der FPÖ von heute gelingt das nicht mehr. Sie hat bei ihren
Sympathisanten zu viel an Glaubwürdigkeit eingebüßt. Das liegt zum
einen an den Folgen der Regierungsbeteiligung unter Wolfgang Schüssel
und den daraus resultierenden Skandalen, andererseits auch an der
Person von Heinz-Christian Strache, dem die Mobilisierungs- und
Skandalisierungskraft abhanden gekommen ist. Da wirkt selbst der
80-jährige Stronach frisch dagegen.

Wie es gehen könnte, hat Erwin Pröll vorzelebriert: Er hat die
Partei vollkommen im Hintergrund verschwinden lassen und nur noch die
eigene Person inszeniert. Ein Rezept, das bei Michael Spindelegger
oder Werner Faymann allerdings nicht funktionieren würde: Dazu fehlt
es ihnen an Statur – und es handelt sich nicht nur um ein paar
Zentimeter.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

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