Er ist nicht der erste Brandenburger Polizist und
er wird leider vermutlich nicht der letzte sein, der von seiner
Stasi-Vergangenheit eingeholt wird. Das Innenministerium suspendiert
den Leiter der Cottbuser Polizeiwache vom Dienst, nachdem seine Rolle
in einem politischen Strafverfahren Ende der 80er-Jahre durch einen
Fernsehbericht publik wurde. Danach hat der heute leitende Beamte
damals als Stasi-Vernehmer direkt daran mitgewirkt, einen Gubener ins
Gefängnis zu bringen. Der wollte nichts anderes, als der DDR den
Rücken kehren. Dieser Fall wirft erneut die Frage auf: Wie konnte ein
ehemaliger „Untersuchungsführer“ der Staatssicherheit in die
Brandenburger Polizeiuniform schlüpfen und darin Karriere machen? Als
Argument zur Übernahme hauptamtlicher Stasileute aus der
Untersuchungsabteilung wird vorgebracht, dass dort gut ausgebildete
Kriminalisten saßen, die nicht nur politische Verfahren, sondern auch
Kriminalität bearbeitet hätten. Sicher haben sie nicht nur politisch
Unliebsame verfolgt, aber sie haben natürlich auch das getan. Und
damit ist die Diskussion mitten im Albtraum der Stasivernehmung von
Oppositionellen oder Fluchtwilligen, deren Ablauf inzwischen durch
viele Betroffene eindrücklich geschildert wurde. Wer sich in den
80er-Jahren für eine „Ermittler-Karriere“ als Stasioffizier
entschied, wusste, worauf er sich einließ. Die sogenannte
„Bischofskonferenz“, die 1991 die Übernahme des späteren Cottbuser
Wachenleiters in die Polizei abnickte, wusste es offenbar nicht oder
wollte es nicht wissen. Dass die Geheimdienstakten damals noch kaum
erschlossen waren, ist nur bedingt eine Entschuldigung dafür. Unklare
Fakten hätten um so größere Vorsicht verlangt. Spätestens Mitte der
90er-Jahre war dann seinen Vorgesetzten durch ein Strafverfahren
bekannt, dass der spätere Wachenchef als Stasioffizier an
Politverfahren beteiligt war. Trotzdem stieg er in den höheren Dienst
auf. Das bittere Erbe der nachsichtigen Übernahme von Stasileuten in
die Brandenburger Polizei ist heute kaum zu korrigieren. Auch der
suspendierte Wachenchef bekommt nun eine erneute Anhörung und eine
genaue Prüfung seines Falls anhand der beweisbaren Tatsachen. Ein
rechtsstaatliches Verfahren. Die Verhafteten, die ihm als
Stasivernehmer vor gut 20 Jahren gegenübersaßen, hatten diese Chance
nicht.
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