Lausitzer Rundschau: Manns genug Bundesregierung will mehr Frauen in Führungspositionen

Wenigstens um ihre eigene Frauenquote muss sich
die Bundesregierung keine Sorgen machen. An der Spitze steht eine
Kanzlerin, und in fünf von 14 Ministerien sitzen ebenfalls Frauen im
Chefsessel. Die Bilanz der Wirtschaft fällt dagegen düster aus. Dabei
hatten alle Beteiligten bereits vor zehn Jahren Besserung gelobt:
mehr Frauen in Führungspositionen. Doch geschehen ist herzlich wenig.
Höchste Zeit also, den Lippenbekenntnissen endlich Taten folgen zu
lassen. Die Wirtschaft ist – wen wundert–s – ganz bei den Liberalen
und lehnt eine gesetzliche Regelung ab. Um sie zu verhindern,
präsentierten die großen Konzerne am Montag eigene abrechenbare
Zielvorgaben. Das mutet zwar fortschrittlich an, ist am Ende aber
doch nur eine Scheinlösung. Denn jedes Dax-Unternehmen versteht unter
„Führungspositionen“ etwas anderes. Einige wenige ziehen den Kreis
tatsächlich sehr eng, bei den meisten aber zählt schon als
Führungskraft, wer ein paar wenige Mitarbeiter unter sich hat. Schon
an diesem Trick zeigt sich, dass es ohne gesetzliche
Rahmenbedingungen nicht gehen wird, um die männliche Dominanz in den
Chefetagen zu knacken. Die Vorgabe einer generellen Frauenquote wäre
dabei allerdings tatsächlich problematisch. Bei Banken und
Handelsunternehmen zum Beispiel sind mehr als 50 Prozent der
Beschäftigten Frauen. In der Metallindustrie liegt ihr Anteil dagegen
nur bei 20 Prozent. Solche Unterschiede sollten sich auch in der
geschlechtlichen Zusammensetzung der jeweiligen Unternehmenszentralen
widerspiegeln dürfen. Ein gesetzlicher Quotenkorridor wäre demnach
sinnvoller. Wem auch das noch zu sehr nach staatlicher
Überreglementierung riecht, der sollte bedenken, dass auch Vorurteile
Zwang ausüben – aber gegen die Frauen und völlig irrational. Dazu
gehört etwa das Klischee, dass Frauen für hohe Führungspositionen
schon deshalb ungeeignet sind, weil sie irgendwann Kinder haben und
der Firma dann allenfalls mit halber Kraft zur Verfügung stünden.
Dass Mann sich kümmern könnte, ist in den Köpfen vieler Entscheider
einfach nicht drin. Auf der anderen Seite gibt es viele bestens
qualifizierte Frauen, die trotz dauerhafter Kinderlosigkeit nur mäßig
Karriere machen. Denn wenn fast ausschließlich Männer in den
Vorständen das Sagen haben, werden ihre Nachfolger erfahrungsgemäß
auch wieder Männer sein. So funktionieren nun einmal die persönlichen
Netzwerke. Am Ende geht es um die Chancen, die Frauen erst einmal
bekommen müssen, um im Unternehmen aufzusteigen. Und es geht darum,
Qualifikation nicht zu vergeuden. Der Begriff „Quotenfrau“ ist so
gesehen fehl am Platz. Eine weibliche Quote erübrigt sich ohnehin,
wenn Frauen ihrerseits Netzwerke an oberster Stelle knüpfen könnten.
Manns genug dazu wären sie allemal.

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