Mittelbayerische Zeitung: Röslers Abgesang Kommentar zur FDP

War das gestern im Stuttgarter Staatstheater
bereits der Abgesang des glück- und konturlosen Philipp Rösler von
der Spitze der FDP? Es könnte der letzte große Auftritt des
Wirtschaftsministers und Vizekanzlers vor der versammelten Partei
gewesen sein. Und dies aus drei Gründen. Erstens hat nicht Rösler,
sondern der „Parteichef der Herzen“ Rainer Brüderle die jetzt so
notwendige Kampf-Rede gehalten, nach der die verunsicherte
Parteiseele so lechzt. Zweitens hat Rösler nicht einmal mehr die
innerparteiliche Macht und die rhetorische Kraft, um den obersten
Zündler und Querschläger gegen ihn, Entwicklungsminister Dirk Niebel,
in die Schranken zu weisen. Während Rösler sich noch im naiven
Glauben befindet, er sei der Parteichef und in seinem Laden, gelten
Anstand und Solidarität, werden hinter den Kulissen die Karten längst
neu gemischt. Brüderle hält auf offener Bühne noch loyal zu Rösler,
weil er die undankbare Rolle des Königsmörders nicht spielen mag.
Aber alles läuft längst auf den kämpferischen Pfälzer hinaus.
Drittens war Röslers Auftritt selbst so schwach, dass man den
Eindruck gewinnen könnte, er habe insgeheim bereits aufgegeben.
Vielleicht strebt er nur noch ein achtbares Ergebnis bei der
Niedersachsen-Wahl an, um den Ministerposten retten zu können.
Stuttgart brachte großes liberales Theater. Der tragische Held heißt
Rösler.

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