Der CDU-Gesundheitsminister kündigt an, eine
Forderung aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen. Eine Forderung, die
Millionen Krankenversicherten eine Entlastung bringt und vom
Koalitionspartner SPD stammt. Prompt kassiert Spahn reichlich Kritik.
Verkehrte Welt? Nur auf den ersten Blick, denn die Kritik richtet
sich nicht gegen die Rückkehr zur Parität zwischen Arbeitgeber und
Arbeitnehmer. Auch nicht gegen die Senkung des Mindestbeitrags. Es
ist der Rest im Gesetzentwurf, der für Diskussionen sorgt. Der
Minister prescht mit einem Frontalangriff vor: Die hohen Überschüsse
der Kassen 2017 nimmt er zum Anlass, um sie zum Teilabbau der
Finanzreserven zu zwingen. Das Geld soll an die Versicherten
zurückfließen. Der Vorstoß klingt logisch, springt aber zu kurz. Denn
auf die Kassen kommen durch Gesetze von Spahns Vorgänger Hermann
Gröhe höhere Kosten zu. Bis sich diese Wirkung entfaltet, mag es noch
etwas dauern, doch Beitragsanpassungen sollten lang- oder mindestens
mittelfristig wirken. Eine Stadt senkt auch nicht sofort die Grund-
und Gewerbesteuer, wenn ein Haushaltsjahr besser als erwartet endet.
Natürlich muss eine Krankenkasse nicht Geld horten – zumal in Zeiten
der Strafzinsen. Doch sie sollte überlegen, ob sie das Geld nicht im
nächsten oder übernächsten Jahr benötigt. Zumal sich eine Schieflage
im System zeigt: einige Kassen erzielen hohe Überschüsse, andere
schaffen es gerade in die schwarzen Zahlen. Die Gründe liegen nicht
nur im Management. Eine Rolle spielen regionale Besonderheiten (eine
hohe Arzt- und Krankenhausdichte erhöht die Kosten). Der
Risikostrukturausgleich bei der Bemessung der Gelder aus dem
Gesundheitsfonds muss reformiert werden. Spahns Entwurf hat gute
Ansätze. Die Halbierung des Mindestbeitrags für freiwillig
versicherte Selbstständige schließt eine schmerzhafte Lücke. Viele
Kleinunternehmer wurden hart erwischt, wenn sie zu viel verdienten,
um in der Familienversicherung ihrer Partner zu bleiben, aber zu
wenig, um sich freiwillig zu versichern. Bleibt noch der Blick auf
die echte Parität, die künftig auch für den Zusatzbeitrag gilt. Aus
Sicht der Arbeitnehmer eine Entlastung. Allerdings stellt sich für
Arbeitgeber die Frage, bei welcher Kasse ihre Beschäftigten sind,
denn die Höhe des Zusatzbeitrages wirkt sich künftig auf die
Lohnkosten aus. Man könnte versucht sein, Mitarbeiter zum Wechsel in
eine günstige Kasse zu bewegen. Doch das ist nicht erlaubt. Die Wahl
der Krankenkasse obliegt allein dem Versicherten und das muss auch so
bleiben.
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