Ein gutes halbes Jahr nach seinem unehrenhaften
Abschied schiebt Karl-Theodor zu Guttenberg den Fuß zurück in die Tür
zur deutschen Politik. Er geht dabei nicht in Sack und Asche, sondern
verteilt Lob und Tadel. Ganz nach Gutsherrenart.
Vorweg: 20000 Euro, die der Baron an die Kinderkrebshilfe bezahlen
muss, sind eine milde Strafe für den Schaden, den der ehemalige
Verteidigungsminister dem akademischen Betrieb und der politischen
Klasse in Deutschland zugefügt hat. Glaubwürdigkeit hat gelitten,
Vertrauen ging verloren. Aber an echter Reue lässt es der Mann bis
heute fehlen. Womöglich kann er vor dem Hintergrund seiner
Kinderstube nicht anders, aber auch das ist keine Entschuldigung.
Statt glaubhaft in sich zu gehen, nützt der Baron erneut seine
Stellung als Liebling bestimmter Medien und setzt darauf, dass ihn
diese Welle fragwürdiger Sympathie erneut nach oben tragen werde. So
steht es wohl um die politische Kultur im Lande, und das ist
anscheinend nicht zu ändern. Mögen sich die Bosbachs und die Merkels
dieser Republik noch so mühen: Als „Doktor der Herzen“, wie es
Talkshow-Lästermaul Harald Schmidt formulierte, ist einer wie
Guttenberg nicht zu toppen.
Auf der anderen Seite der Rechnung stehen jene Deutschen, deren
Sehnsucht nach Popstars bis in die Politik hineinreicht. Sie
vermissen Glanz und Glamour, seit ihr oberfränkisches Idol nach
Amerika abgetaucht ist. Nicht einmal der nun klar erkennbare Schaden,
den Guttenberg mit seiner übereilten Bundeswehrreform angerichtet
hat, macht seine Hardcore-Fans stutzig. Sie werden seine Bekenntnisse
und Schuldzuweisungen, die es ab nächster Woche in Buchform zu kaufen
gibt, verschlingen und ihre Verschwörungstheorien aufs Schönste
bestätigt finden. All das stützt die Theorie, dass sich an der Person
des Freiherrn tiefes Wähler-Unbehagen gegen bürgerferne Politiker und
abgehobenen Honoratioren-Dünkel festmache. Und das ausgerechnet an
Karl-Theodor zu Guttenberg.
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