Umweltorganisationen sagen Gespräch mit Wirtschaftsminister Rösler ab

Verbände „stehen für Alibiveranstaltungen nicht zur
Verfügung“ – Verärgerung über „Angebot“ Röslers, erst im August ein
Gespräch zu führen über verbale Attacken des Wirtschaftsministers
gegen Umweltverbände Anfang Januar beim Dreikönigstreffen der FDP

Führende Umweltorganisationen werfen Wirtschaftsminister Philipp
Rösler (FDP) vor, die von der eigenen Regierung beschlossene
Energiewende persönlich zu hintertreiben und eine ernsthafte
Auseinandersetzung über die Ausgestaltung der Transformation des
Energiesystems demonstrativ zu verweigern. Hintergrund des
Zerwürfnisses ist eine seit Jahresbeginn nahezu vollständige
Funkstille zwischen dem Minister und FDP-Vorsitzenden und denen, die
das Konzept der Energiewende zum Teil seit über 30 Jahren und nicht
erst seit dem Sommer 2011 verfolgen.

Als Rösler anlässlich des Dreikönigstreffens seiner Partei Anfang
Januar in Stuttgart die Umweltbewegung insgesamt und einige
Umweltorganisationen namentlich unter anderem wegen ihrer Kritik am
Bau zusätzlicher Kohlekraftwerke scharf angriff, forderten der Bund
für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die Deutsche
Umwelthilfe (DUH), der Naturschutzbund Deutschland (NABU), der WWF
Deutschland und Germanwatch den Minister zu einem „Gespräch zu den
vor uns liegenden Herausforderungen“ auf. Dieses kam bis heute nicht
zustande.

Auf den am 13. Januar schriftlich vorgetragenen Gesprächswunsch
reagierte das Ministerium zunächst zwei Monate lang nicht einmal mit
einer Eingangsbestätigung. Stattdessen startete Rösler gemeinsam mit
Wirtschaftspolitikern der Unionsfraktion einen Frontalangriff gegen
den weiteren Ausbau der Photovoltaik und die Grundlagen des
Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Das entsprechende Artikelgesetz
passierte schließlich Mitte März nach scharfer Kritik nicht nur aus
Opposition und Verbänden, sondern auch aus beiden
Regierungsfraktionen den Bundestag in leicht entschärfter Form.

Ebenfalls Mitte März erinnerte sich Rösler der zwei Monate alten
Bitte um ein persönliches Gespräch und bot über sein Ministerbüro
zunächst telefonisch, auf Nachfrage dann auch schriftlich einen
Termin an. Am 9. August, mitten in der Sommerpause, stehe er
Vertretern der sechs Verbände für eine Stunde zur Verfügung. In ihrer
Antwort lehnen die Umweltverbände nun dieses „Angebot“ ab: „Die
Unterzeichner empfinden es als demonstrative Ignoranz, dass Sie den
Umweltverbänden einerseits öffentlich haltlose Vorwürfe machen und
andererseits jeder ernsthaften Auseinandersetzung mit denen aus dem
Weg gehen, die die Energiewende im Gegensatz zu Ihnen und Ihrer
Partei seit Jahrzehnten vorantreiben und ungezählte Konzepte zu ihrer
Umsetzung vorgelegt haben.“

Das Verhalten Röslers stehe auch in einem unerklärlichen Gegensatz
zum Anspruch der Fachforen, die das Bundeswirtschaftsministerium mit
Vertretern wichtiger Akteure des Energie- und Umweltsektors, etwa in
der Plattform „Zukunftsfähige Energienetze“, gestartet habe. Es
verfestige sich der Eindruck, dass es dem Minister ein persönliches
Anliegen sei, die Dynamik der Energiewende abzubremsen statt sie zu
beschleunigen. Damit würden denjenigen Vorteile verschafft, die die
Entwicklung weg von der fossil-atomar dominierten Energieversorgung
hin zu erneuerbaren Energieträgern und Energieeffizienz über
Jahrzehnte verschlafen oder hintertrieben haben und dies teilweise
immer noch tun.

Abschließend erklären die Verbände, sie seien „selbstverständlich
daran interessiert, mit jedem Bundeswirtschaftsminister jederzeit
aktuelle Themen der Energiewende zu diskutieren“. Voraussetzung sei
allerdings, dass ein Interesse an ernsthafter Auseinandersetzung
erkennbar sei. Das sei jedoch nicht der Fall, solange Minister Rösler
eine Unterredung für einen Zeitpunkt vorschlage, zu dem die Würfel,
beispielsweise bezüglich der künftigen Photovoltaik-Förderung, längst
gefallen sind. „Für eine solche Alibiveranstaltung stehen wir nicht
zur Verfügung“, schließen die Verbände ihre Gesprächsabsage.

Pressekontakt:
Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik & Presse, Deutsche Umwelthilfe
(DUH), Tel.: 030-2400867-0, Mobil: 01715660577, E-Mail:
rosenkranz@duh.de, www.duh.de

Thorben Becker, Leiter Energiepolitik, Bund für Umwelt und
Naturschutz Deutschland (BUND), Tel.: 030-275864-21, E-Mail:
thorben.becker@bund.net, www.bund.net

Carsten Wachholz, Leiter Energiepolitik und Klimaschutz beim NABU,
Mobil: 0172/ 4179727, E- Mail: Carsten.Wachholz@NABU.de

Tobias Münchmeyer, Stv. Leiter der Politischen Vertretung,
Greenpeace, Tel: 030-308899-21, Mobil: 015114533073; E-Mail:
Tobias.Muenchmeyer@greenpeace.de

Alois Vedder, Leiter Politik, WWF Deutschland, Tel.: 030-311 777-418,
E-Mail: alois.vedder@wwf.de

Christoph Bals, Geschäftsführer Germanwatch e.V., Tel.: 0228
60492-17; E-Mail: bals@germanwatch.org