Gerechtigkeit lässt sich weder messen noch wiegen.
Mehr noch: Für Gerechtigkeit hat ein jeder seine eigene Waage in der
Küche. Ob das Urteil gegen Uli Hoeneß gerecht ist, darüber haben
schon der Angeklagte und sein Richter unvereinbare Meinungen. Hoeneß
akzeptiert das Urteil nicht, und das geht auch in Ordnung, weil er es
nicht akzeptieren muss, wenn er nicht will. Andererseits ist
Juristerei nichts anderes als in Paragrafen gegossene Moral. Der Fall
Hoeneß lässt sich also verallgemeinern: Betrüger werden bestraft,
auch wenn sie prominent sind und ansonsten nützliche oder geschätzte
Mitglieder ihres Gemeinwesens. Die Höhe einer Strafe lässt sich nicht
verrechnen mit sozialem Engagement. Und eingefahrene Verluste
rechtfertigen nicht unversteuerte Gewinne. Auf die Befindlichkeit des
Publikums, Fans wie Nicht-Fans, kommt es vor Gericht nicht an.
Enttarnt wurde das Instrument der Selbstanzeige. Nicht Reuige zeigen
sich selbst an, sondern Verfolgte. Wer ein Auto klaut, dem hilft auch
keine Selbstanzeige. Es ist ein Instrument aus der Zeit, als
Steuerhinterziehung noch als Kavaliersdelikt galt. Aus der Zeit vor
Hoeneß.
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 – 804 6519
zentralredaktion@waz.de