Glaubensfragen
Mein Gott, Wulff! Gibt es irgendein Schnäppchen, das dieser Mann
jemals nicht hat mitgehen lassen? Soviel haben wir inzwischen
gelernt: Der einstige niedersächsische Ministerpräsident hatte eine
fatale Neigung, es sich auf Kosten von Geschäftsleuten wohl sein zu
lassen, die er seine Freunde nannte, und von denen der eine oder
andere sich womöglich politische Gefälligkeiten erhoffte. Die Frage
ist, worüber man den Kopf heftiger schütteln soll. Über den
unablässigen Strom stets neuer Enthüllungen oder die teils bizarren
Erklärungs- und Reparaturversuche aus dem Bellevue. Jetzt also sollen
wir glauben, dass ein „befreundeter“ Filmunternehmer Wulff die Kosten
eines Sylt-Urlaubs „verauslagt“, dieser aber noch in der Hotellobby
beim Abschied den Betrag erstattet hat. Bar auf die Kralle. Immerhin
774 Euro. Soviel hat man üblicherweise nicht im Portemonnaie.
Gleichwohl, es kann so gewesen sein. Dumm nur, dass hier Aussage
gegen Aussage steht. Aus Aufzeichnungen des Hotels geht hervor, dass
Wulffs „Freund“ noch im vorigen Monat erklärte, er habe „den gesamten
Aufenthalt übernommen“. Einen von beiden trügt also die Erinnerung,
den Präsidenten oder den Filmmagnaten. Und dem gesunden
Menschenverstand will die Version des Präsidenten als die weniger
plausible erscheinen. Ziemlich dramatisch für die „Würde des Amtes“.
Eine betroffene Miene braucht deswegen niemand aufzusetzen. Wir
müssen mit dem Mann ja nur noch bis 2015 leben. Und was immer man
mittlerweile über seine Präsidentschaft denken mag: Ihren
Unterhaltungswert hat sie zweifelsohne.
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