Allg. Zeitung Mainz: Aufraffen / Kommentar zu NPD/Verfassungsschutz

Unverschämtheiten des Gegners motivieren bisweilen:
Nachdem sich die NPD – ein absurdes Unterfangen – in Karlsruhe ihre
eigene Verfassungsmäßigkeiten attestieren lassen will, scheinen sich
die Innenminister doch zu einem neuerlichen gerichtlichen Vorstoß
gegen die Rechtsextremisten aufzuraffen. Doch noch immer sitzt der
Schock von 2003 tief:Damals scheiterte der NPD-Verbotsantrag, weil
die Spitze der Partei angeblich von Verfassungsschützern
„unterwandert“ und damit ferngelenkt war. Seitdem sind neun Jahre ins
Land gegangen, für die Sicherheitsbehörden genügend Zeit, Lehren zu
ziehen – das sollte man zumindest meinen. Doch bei der Verfolgung der
rechtsterroristischen NSU präsentierten sich
Staatsschutzinstitutionen reihenweise in desolatem Zustand. Gestern
verlor schon wieder ein Landesverfassungsschutzamt seine Führung: die
fünfte Chefposition in diesem Jahr, die auf diese Weise geräumt
werden musste, ein Desaster, das natürlich auch ein gerüttelt Maß an
Verunsicherung bringt, in den Behörden und bei den Bürgern. Man kann
nur hoffen, dass solche Schocks heilsam sind, dass die Schwüre, in
Zukunft vertrauensvoller zusammenzuarbeiten, nicht bloße
Lippenbekenntnisse bleiben. Der Grundeindruck, gerade im Fall NSU,
war: Die linke Hand des Staates weiß partout nicht, was die rechte
tut. Hinzu kam offensichtlich charakterliches und fachliches
Unvermögen der schlimmsten Art, vor allem im thüringischen
Verfassungsschutzamt. Das alles muss der Vergangenheit angehören.
Dafür hat in letzter Konsequenz die politische Leitungsebene zu
sorgen und geradezustehen. Und: Ein neues NPD-Verbotsverfahren muss
her, auch wenn es ein Risiko birgt. Der Staat darf sich unter keinen
Umständen von Extremisten am Nasenring über den Anger führen lassen.

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